Reussbote: «Für uns ist jedes Spiel ein Schicksalsspiel»

Emilio Munera hat beim FC Othmarsingen eine «Mission impossible» übernommen.

Der FC Othmarsingen steht auf einem Abstiegsplatz. Nach zwölf Spielen hat er gerade mal neun Punkte auf dem Konto und liegt vier Längen unter dem Strich. In dieser Situation hat Emilio Munera das Amt des Trainers übernommen. Er ist dabei, seine Truppe für die Rückrunde auf Linie zu bringen.

Was der FC Othmarsingen unter der Leitung von Beat Dünki im letzten Herbst abgeliefert hatte, grenzte zeitweise schon an Arbeitsverweigerung. Da gab es unter anderem eine 1:10-Klatsche in Suhr oder ein 2:6 zu Hause in der Regenschlacht gegen Kölliken. Auf der anderen Seite, wenn sie Bock hatten, rangen sie Lenzburg ein 2:2 ab oder gewannen auswärts, als niemand einen Rappen auf sie wettete, in Gontenschwil 3:2. Nach dem vorzeitigen Abbruch der Meisterschaftsvorrunde sah das Fazit von Dünkis Truppe allerdings ernüchternd aus. Aus zwölf Spielen resultierten gerade mal neun Zähler. Zwei Siegen und drei Unentschieden standen sieben Niederlagen entgegen, mit dem desolaten Torverhältnis von 21:43. Der FC Othmarsingen war, trotz meist glänzendem Leandro Russo im Tor, die Schiessbude der Liga. Es schien als habe Trainer-Präsident Beat Dünki nach 35 Jahren an der Spitze des Vereins, keine Antworten mehr, um seine durchaus talentierten Spieler abzuholen.

Das «Prinzip Dünki»
Dazu muss man das «Prinzip Dünki» kennen. Es lebt einzig und allein von Dünki selbst. Er holte jahrelang auch schwierige Spieler, die anderswo gescheitert waren oder keine Lust mehr hatten auf die Falkenmatt. Spieler auch, die weg waren vom Fussball und sich von Dünki nochmals überzeugen liessen. Da kamen Spieler, die einst in den Schweizer Juniorenauswahlen grosse Hoffnungen waren oder Spieler, die schon drei Ligen höher gespielt hatten. Und wenn es wieder mal kriselte, griff Dünki in die Trickkiste. Er holte Spieler, die den Unterschied machen konnten. Das «Prinzip Dünki» ist eine schwer definierbare Mischung aus Zuckerbrot, Peitsche und Kumpanei. Das machte es schwer, einen anderen Trainer zu engagieren, damit Dünki sich der Vereinsführung widmen könnte. Und wenn einer kam, dann bestenfalls als Assistent. Denn Dünki schien unersetzlich. Nicht weil er es war, sondern weil sich die Spieler immer wieder im übergrossen Schatten Dünkis verstecken konnten.

Als Dünki der Kragen platzte
Bis ihm am Ende der letzten Vorrunde endgültig der Kragen platzte. Dünki machte wahr, was er in der Vergangenheit immer mal wieder mit einer gewissen Koketterie ankündigte. Er holte einen Trainer mit Leistungsausweis. Er engagierte Emilio Munera, der zuletzt den FC Lenzburg an die Spitze der 2. Liga führte, und aufgestiegen wäre, wenn der Lockdown die Meisterschaft nicht abgebrochen hätte. Wo Munera in den letzten Jahren trainierte, kehrte der Erfolg zurück. Das war in Seengen so, wo er die Mannschaft vor dem 3.-Liga-Abstieg rettete. Das war in Niederwil so, als Munera für eine halbe Saison an der Seite von Gino Saporito beinahe wundersam für den Aufschwung mitverantwortlich war. Und das war in Lenzburg nicht anders, als er den Krebsgang des ambitiösen Vereins stoppte und mit der Mannschaft einen eindrücklichen Steigerungslauf hinlegte. Der einstige NLA-Stürmer (FC Wettingen) ist keiner für den Schmusekurs. Munera ist einer mit Ecken und Kanten. Einer mit klaren Vorstellungen von Fussball. Das kommt im Amateurbereich nicht immer gut an. Denn hier herrscht gerne eine gewisse Genügsamkeit. Die Vereine sind den Launen der Spieler ausgetzt. Wenn sie Privates vor das Sportliche stellen, sind Trainer und Vereine machtlos. Im Amateurfussball gilt die Freiwilligkeit. Da sind dem Trainer oft die Hände gebunden. Munera ist sich dieser Tatsache absolut bewusst. Aber er nimmt Schlendrian nicht einfach hin.

Absage an den Schlendrian
Er mag die klare Ansprache. «Ich akzeptiere, wenn einer als Familienvater, der auch im Beruf stark eingebunden ist, nicht dreimal pro Woche trainieren kann. Aber zweimal sind absolut Pflicht.» Das gefällt beim FC Othmarsingen nicht allen. So hat der Verein bereits gemeldet, der einstige Topskorer Gezim und sein Bruder Burim Zekiraj seien nicht mehr Mitglieder der 1. Mannschaft. Munera sagt dazu beinahe beiläufig. «Ach, wenn sie unsere Bedingungen erfüllen, haben sie durchaus eine Chance, dabei zu sein.»

Patrick Strebel sorgt für die Fitness
Wer nur ab und an ins Training kommt und stattdessen lieber bei den Senioren kickt, als mit der 1. Mannschaft zu trainieren, hat bei Munera keine Chance. Othmarsingens neuer Trainer hat mit Konditionstrainer Patrick Strebel einen absoluten Könner an seiner Seite. Mit ihm war er schon in Seengen erfolgreich. Fitness und Kondition sind neben Disziplin und mannschaftlicher Geschlossenheit, Muneras zentrale Themen. Wer fit ist, hat keine Probleme weite Wege zu gehen», sagt er. «Und wir werden viele weite Wege gehen müssen. Denn für uns ist in der Rückrunde, so sie denn beginnt, jedes Spiel ein Schicksalsspiel.»

Quelle: Reussbote.ch (Beat Gomes)

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